Kommentar Reservationspflicht: Bitte Planen und Bezahlen

Pro Velo Graubünden zur CHF-2-Reservationspflicht für Velos in Bündner Postautos

Nach einem Testbetrieb im Sommer 2024 führt Postauto dieses Jahr eine Reservationspflicht für Velos ein. Auslöser ist die grosse Anzahl von Mountainbikes, die zu Spitzenzeiten in die umliegenden Hotspots wie Flims und Lenzerheide transportiert werden wollen. Die Reservationspflicht betrifft die meisten touristischen Linien und gilt für die Sommersaison von Anfang Mai bis Oktober. Die betroffenen Linien sind im Online-Fahrplan entsprechend gekennzeichnet, die Reservation muss über SBB-App, SBB-Webshop oder an einem Schalter erfolgen und kostet CHF 2. Postauto ist nach eigenen Angaben überzeugt, dass Mehrwerte für die Fahrgäste generiert werden und feiern die Einführung als Gewinn für die bessere Planbarkeit. Bis unmittelbar vor Abfahrt kann ein Reservationswunsch eingeben werden, sollte noch ein Patz frei sein. Bereits getätigte Reservationen können bis 30 Minuten vor Abfahrt kostenfrei storniert werden.

Pro Velo Graubünden unterstützt den Aspekt eines garantierten Transportplatz für diejenigen, die ihre Reise planen wollen. Es ist sicher, dass bei der hohen Nachfrage einige Velofahrer:innen eine entspanntere Reise haben und sich die angepriesene Planungssicherheit auszahlt. Dennoch ist Pro Velo Graubünden vorsichtig, die Reservationspflicht als echten Gewinn für die Kundenfreundlichkeit anzupreisen.
Planungssicherheit hat zwei Seiten: Vor allem bei der Rückreise liegt es in der Natur der Sache, dass Biker:innen nicht schon weit im Voraus bestimmen können, wann sie von der Tour zurückkehren oder gar wo sie in welchen Kurs zusteigen werden. Dies lädt ein, mehrere Reservierungen auf unterschiedlichen Verbindungen zu buchen, um die Rückfahrt abzusichern. Wie man es aus den SBB-Zügen mit wenig Kapazitäten auch kennt: bei «No-Shows» bleibt jeweils der Velo-Platz frei, den jemand anderes hätte einnehmen können.
Mehrfach-Reservationen mit einer Gebühr zu bekämpfen, wie es Postauto darlegt, ist eine Möglichkeit. Gleichzeitig sind 2 CHF aber eine finanzielle Hürde, die Gutverdienende wohl nicht abschreckt, aber für den Rest der Velofahrenden und Biker:innen eine weitere Belastung darstellt. Wenn nur die nicht angetretenen Reservationen (teuer) abgerechnet würden, könnte eine genutzte Reservation gratis bleiben.
Von dieser Massnahme betroffen ist ausserdem auch der Pendlerverkehr in der Agglomeration Chur, der sich antizyklisch zum Freizeitverkehr verhält und somit nicht wesentlich zu den Kapazitätsengpässen beiträgt. Für Personen, die mit dem Velo zur Arbeit nach Chur fahren, ist es künftig nicht mehr ohne weiteres möglich, abends spontan das Postauto für den Heimweg zu nutzen, beispielswiese, wenn es regnet oder spät geworden ist. Wir regen an, dass geprüft wird, ob die Reservationspflicht zu den entsprechenden Zeiten für die betreffende Richtung aufgehoben werden kann (also z.B. nach 17.00 Uhr von Chur in die Ferienorte).

Fazit: Pro Velo Graubünden begrüsst den Willen von Postauto, für bequemen und harmonischen Velo-Transport zu sorgen. Statt einer weiteren Hürde und Mehrkosten für Velofahrende muss jedoch in erster Linie auf den Ausbau der Kapazitäten gesetzt werden, um Engpässe und Konflikte zu vermeiden. Weil der ÖV attraktiv und ein echter Partner für Velofahrende in Graubünden ist, muss es auch Platz für Spontanität geben.