„Meine Velosaison startet am 1. Januar und dauert bis zum 31. Dezember“

Dani auf seinem Arbeitsweg von Rhäzüns nach Chur

Interview mit Daniel Ammann aus Rhäzüns, Leiter Höhere Fachschule Pflege am BGS Chur und Co-Präsident bei Pro Velo Graubünden

Daniel, kannst du dich noch daran erinnern, wann dich das Velofahren gepackt hat?

So richtig gepackt hat mich das Velofahren in der Oberstufe. Da fuhr ich täglich 2x zur Schule und wieder zurück. Das waren pro Tag fast 20 Kilometer. Damals gab es auch noch keine Velowege, wir waren einfach auf der Hauptstrasse unterwegs, was zu einigen sehr gefährlichen Situationen führte. In derselben Zeit begann ich auch zu biken, was damals noch fast gänzlich unbekannt war als Sportart. Das eine führte zum andern, und wir fanden uns schraubend an unseren Fahrrädern, probierten Dinge aus, vernetzten uns mit der Velocommunity. Oder was es damals davon schon gab – es war ein sehr kleiner Kreis im St. Galler Rheintal.

Bist du bereits in den Velosommer 2022 gestartet? Wenn ja, wie?

(lacht) Für mich gibt es keinen Velosommer, mein Velojahr 2022 begann am 1. Januar. Ich pendle auch im Winter mit dem Fahrrad, ausgenommen an Tagen mit sehr eisigen Strassen oder ganz viel Neuschnee. Sogar biken kann man im Winter, da hat es auch viel weniger Menschen unterwegs als im Sommer.

Würdest du dich als eher zu den schnelleren oder gemütlichen Velofahrenden zählen?

Zu den Schnellen. Nicht nur mit meinem E-Bike bin ich zügig unterwegs, auch sonst ist das Velowandern oder Velotrödeln, wie ich das gerne nenne, nicht so meins. Wobei ich auch kein «Gümmeler» bin, wie man jetzt vermuten könnte. Denn auf der Strasse hat es mir schlicht zu viel Verkehr. Das sind riskante Situationen, welchen ich lieber auf Naturtrails und separaten Radstrecken ausweiche.

Verbindest du besondere Erlebnisse mit dem Velo?

Nicht unbedingt ein spezifisches Erlebnis, obwohl ich viel Schönes erlebt habe beim Velofahren. Am liebsten habe ich das tägliche Kopfdurchlüften auf dem Weg von/zur Arbeit. Wenn ich jeweils den eisigen Fahrtwind im Gesicht spüre – ich trage auch bei -15°C Aussentemperatur nur meinen Helm, ohne Kappe oder Buff – nutze ich dies zum Aufwachen am Morgen und zum Abschalten am Abend.

Was findest du am Bündner Velonetz besonders positiv?

Es ist vor allem das Freizeitnetz, welches sehr gut ausgebaut ist. Da würde seit Jahren spürbar sehr gut überlegt und viel investiert. Auch im Sinne von ergänzenden Angeboten, wie alternativer Tourismus, ist es vorwärts gegangen und Graubünden ist da auf einem sehr guten Niveau. Der Kanton Graubünden hat zudem mit dem Sachplan Velo eine gute Grundlage um das Velo als gesundheitsförderndes und nachhaltiges Verkehrsmittel zu stärken.

Wo siehst du Verbesserungspotential?

Das ist ganz klar, im Alltagsverkehr. Meiner Meinung nach fehlt ein zusammenhängendes Alltagsvelonetz, primär in der Agglomeration, aber auch in den Regionen. Ein regionenübergreifendes und gut ausgebautes Alltagsvelonetz würde sowohl das Pendeln als auch den Freizeitverkehr mit Velo viel attraktiver machen. Ein gutes (schlechtes) Beispiel ist die Surselva. Ist man in Trin und möchte mit dem Velo nach Chur runter radeln, ist dies nur unter grossen Risiken möglich. Es bleibt einem genau die Hauptstrasse, welche mit den nur teilweise vorhandenen Velostreifen gefährlich anmutet. Auch die Verbindung Rothenbrunnen nach Rhäzüns ist solch eine Strecke. Genau auf solchen Strecken müsste mit separaten Fahrradwegen angesetzt werden.

Wie ist es zu deiner Mitarbeit im Vorstand von Pro Velo Graubünden gekommen?

Erst war ich Mitglied im Verein. Dann hat mich der ehemalige Geschäftsführer Edi Rölli, welcher ebenfalls in Rhäzüns wohnt, spontan angesprochen und mich gefragt, ob ich denn an einer Mitarbeit im Vorstand interessiert wäre. Nach einem ersten Austausch nahm ich an einer Vorstandssitzung, damals noch als Gast, teil. Weil dann ziemlich bald Corona ausbrach und die Mitgliederversammlung 2020 ausfiel, wurde ich erst nach mehr als einem Jahr bei der MV 2021 in den Vorstand gewählt.

Welche Aufgaben hast du bei Pro Velo?

Ziemlich bald nach meinem Eintritt in den Vorstand leitete ich auch die ersten Velokurse, was sehr viel Spass macht. Dazu kam Anfang Jahr das Projekt der offenen Velowerkstatt und seit diesem Frühling co-präsidiere ich nun Pro Velo Graubünden zusammen mit Sylvia. Hier sind wir aber noch dran, die Aufgaben und Kompetenzen auszulegen.

Wie schaffst du es, berufliches und ehrenamtliches Engagement unter einen Hut zu bringen?

Als allererstes ist es für mich sehr wichtig, die Prioritäten richtig zu setzen. Dann gehört effizientes Arbeiten, Freiräume für das Engagement schaffen und vor allem eine gute Absprache mit der Familie.

Was wünschst du dir für Pro Velo Graubünden in den kommenden Jahren?

Ein neuer Schwerpunkt soll die Verjüngung des Vereins werden. Durch Attraktivierung des Vereins sollen aktive, sich an Aktionen beteiligende, jüngere Mitglieder generiert werden. Ich würde mir den Aufbau einer Community von Gleichgesinnten in der Region Chur wünschen, welche sich an der Förderung des Velos als Freizeitbeschäftigung aber auch als Alltagsverkehrsmittel beteiligen würde.